
Michael Hollersbacher, Dipl Ing (FH) Forst, FH Weihenstephan,
nach langjähriger Revierleiter- Tätigkeit in der Bayerischen Staatsforstverwaltung seit 2007 Waldbauspezialist für Südbayern, Bayerischen Staatforsten. Herr Hollersbacher ist Mitglied in der Arbeitsgruppe „Waldbaukonzepte“ bei den Bayerischen Staatsforsten und wirkte an den Behandlungsgrundsätzen für Fichten-, Buchen,- und Kiefern-Mischbeständen sowie für den Bergwald mit.
Robert Bocksberger, übernahm die Forstbetriebsleitung im Jahr 2016. Seit Gründung der Bayerischen Staatsforsten war Bocksberger als Teilbereichsleiter Personalentwicklung, Aus- und Fortbildung tätig und war Leiter des Forstlichen Bildungszentrum der BaySF. Der Forstbetrieb Landsberg der Bayerischen Staatsforsten ist durch naturnahe Buchenwälder, ertragreiche Fichtenwälder, nährstoffarme Moorwälder, feuchte Auwälder und Trockenheit liebende Kiefernwälder geprägt. Mehr als 600 ha sind als Naturschutzgebiete ausgewiesen.
Die Behandlung von Buchen- und Buchenmischbeständen schließt an das „100-Baum-Konzept“ für die Fichte an. Es bezieht Fragen des Standraumanspruchs, der Standraumeffizienz, den Wechselwirkungen zwischen Durchforstungsstärke und flächenbezogenen Zuwachs mit ein. Das waldbauliche Buchenkonzept ist von folgenden Schlagworten geprägt:
Hochdurchforstung / früh / mäßig / oft / femelartig / langfristig
Das Buchen Konzept der BaySF umfasst die Pflege, Durchforstungs- und Verjüngungsmaßnahmen von Buchen- und Buchenmischbeständen.
Das Ziel ist der Erhalt und die Schaffung mischbaumartenreicher, strukturierter Wälder durch sehr langfristige Verjüngungsgänge, die in dauerwaldartigen Waldaufbauformen münden.
Eindrücke von der Exkursion zu den Bayerischen Staatsforsten zum Thema „Grundsätze für Buchenbewirtschaftung“
Bericht von Franz Reiterer
Seit über 13 Jahren wird bei den Bayerischen Staatsforsten BaySF das Waldbaukonzept zur Bewirtschaftung von Buchen- und Buchenmischbeständen umgesetzt. Die dauerwaldartige Pflege und Nutzung rotbuchenreicher Wälder ist in allen Altersphasen fachlich anspruchsvoll. Im Rahmen einer herbstlichen Exkursion von Pro Silva Austria wurden Theorie und Praxis der Buchenbewirtschaftung im Forst des Freistaats Bayern vorgestellt, einschließlich neuer Fachbegriffe im forstlichen Sprachschatz.
Die Bayerischen Staatsforsten sind seit nunmehr vielen Jahren ein waldbauliches Impulszentrum. Klimaanpassung und Ertragsoptimierung waren vor mehr als einem Jahrzehnt wesentliche Motive für die Einführung gesamtbetrieblicher Waldbaukonzepte. Angestrebt werden standortsgemäße, naturnahe, stabile und leistungsfähige Mischwälder. Vielfach sollten standortsfremde, schadensanfällige Altersklassenwälder zu stabilen und artenreichen Dauerwäldern weiterentwickelt werden. Strukturreiche Wälder sind anpassungsfähiger gegenüber der Klimaänderung und zeigen ein hohes Regenerationspotenzial. Mischwälder reduzieren das Risiko: das sogenannte 4-Baum-Konzept der BaySF besagt, dass grundsätzlich 4 passende Baumarten je Teilfläche vorkommen sollen. Vielerorts wird die Naturverjüngung mit Mischbaumarten angereichert.
Schauplatz der Exkursion war der Forstbetrieb Landsberg am Lech mit Start in Fuchstal, etwa 1 Autostunde westlich von München. Zum besseren Verständnis gab es zu Beginn eine Theorie-Einheit im Gasthaus Seerose in Welden, wo zunächst Forstbetriebsleiter Robert Bocksberger den etwa 15.000 ha großen Betrieb der BaySF vorstellte. Mit 148.000 fm Jahreseinschlag und somit einer Nutzungsintensität von 10 fm je ha ist es einer der ertragsstärksten Betriebe der Bayrischen Staatsforsten.
Den waldbaufachlichen Teil präsentierte Michael Hollersbacher, der als Waldbauspezialist an der Entwicklung des Buchenkonzepts mitgearbeitet hat.
Ziel ist die Schaffung mischbaumarten- und strukturreicher Bestände. Das Konzept ist gegenüber dem früher üblichen Kahlschlagbetrieb durch Zuwachsoptimierung und erhöhter Resilienz wirtschaftlich überlegen. Es sind naturschutzfachliche Überlegungen eingeflossen. Schließlich waren volatile Holzmärkte Anlass für die Strategieänderungen. An der Entwicklung haben betriebseigene Experten und Wissenschaftler wie Waldwachstums-Experte Prof. Pretzsch mitgewirkt. Anhand von Beispielsflächen, welche auch der innerbetrieblichen Schulung dienen, wurde die Umsetzung des Konzeptes besichtigt.
Inhaltliches Konzept
Das Buchenbewirtschaftungskonzept der BaySF ist ein detailliertes waldbauliches Behandlungsprogramm. Dabei sind Ziele und Art des Eingriffes in den Phasen Jungwuchspflege, Jungdurchforstung, Altdurchforstung1, Altdurchforstung2 und Verjüngung detailliert beschrieben. Es beginnt auf leistungsfähigen Standorten bei Oberhöhe OH von 2 – 3 Metern mit der Auswahl von 100 bis 150 Kandidaten und einem weiteren Eingriff im Dickungsstadium. In der Jungdurchforstung mit OH 12 – 17 m werden 100 Elitebaumanwärter je ha freigestellt. Es folgt eine Lichtwuchsdurchforstung bei OH 17 – 25 m mit 3 Eingriffen je Jahrzehnt.
In der Altdurchforstung 2 werden die besten 50 Elitebäume je ha umlichtet. Ab OH 30 m erfolgt eine Vorratsbegrenzung und laufende Zuwachsabschöpfung. Durch periodische Eingriffe wird der Vorrat zwischen 300 und 400 Efm je ha gehalten („Vorratskorridor“). Die Zielstärke ist mit 65 cm definiert. Für ertragsschwächere Standorte sind andere Richtwerte je Wuchsphase definiert. Die Verjüngung erfolgte grundsätzlich femelartig. Bisweilen erfolgt auch die Pflege unter Schirm.
Das Buchenwaldbaukonzept ist gesamtbetrieblich vereinheitlicht. Dies erforderte eine genaue Benennung der Eingriffe. Die Fachbegriffe haben offenbar die befassten Mitarbeiter verinnerlicht, wie man sich in der Diskussion überzeugen konnte. Begriffe wie JD (für Jungdurchforstung) oder AD2 (für Altdurchforstung 2 werden einheitlich verwendet, sodass jeder weiß, wie die Maßnahme umzusetzen ist. Jede Person in der Produktionskette weiß, was unter Elitebaumanwärter zu verstehen ist. PUS ist etwa die Pflege unter Schirm – und jeder weiß, was gemeint ist.
Die Bayerischen Staatsforsten verfügen somit mit ihren Waldbaurichtlinien „Fichtenrichtlinie" (100-Baum-Konzept), “Buchenrichtlinie” (Exkursionsgegenstand), “Bergwaldbewirtschaftung” und “Kiefernrichtlinie” ausgefeilte und durchdachte Konzepte für die naturale Produktion. Die genaue Benennung von Abläufen ist mitunter Grundlage des Erfolges. Nicht umsonst wird dies offenkundig auch in der Wirtschaft so gehandhabt. In der Industrie würde man es SOP nennen – Standard Operation Procedure. Es sei seitens des Verfassers die Mutmaßung erlaubt, dass es diesbezüglich hierzulande durchaus Nachholbedarf und Luft nach oben gibt. Es lohnt sich durchaus, sich mit den Waldbaukonzepten der BaySF näher zu befassen.
Kurzbericht - Franz Reiterer