News

"Klimafitte und Naturnahe Waldbewirtschaftung im Kleinwald"

Biodiversität, naturnaher Waldbau und Kleinwald sind kein Widerspruch!

Freitag, 6. Juni 2025, 08:30-16:00 Uhr
Regionaltagung NÖ im Zuge der Österreichischen Forstvereinstagung
Innermanzing bei Altlengbach Betrieb: Land- und Forstwirt Michael Kuhrn Moderation: Sebastian Jungbauer

Der Betrieb

Michael Kuhrn führt seinen Biobetrieb in Innermanzing bei Altlengbach im Wienerwald. Die Hauptbetriebszweige sind Ackerbau, Grünland (42 ha davon 18 ha Pacht) und Forstwirtschaft. Die Waldflächen verteilen sich auf mehrere Parzellen, wobei die kleinste 1600 m² und die größte knapp 30 ha umfasst. Insgesamt bewirtschaftet Michael Kuhrn 50 ha Wald. Der viehlose Betrieb betreibt zusätzlich eine Kompostanlage (Biomüllkompostierung).

Dabei legt er sein Augenmerk auf naturnahe Bewirtschaftung und hohe Vielfalt. Für seine beispielhafte Bewirtschaftung erhielt er 2022 der Staatspreis für Forstwirtschaft in der Kategorie „Klimaangepasste Waldbewirtschaftung“. Im Jahr 2023 erhielt er den Mariazeller Preis für seine gute Zusammenarbeit mit der Jagdgenossenschaft.

Den Einsatz und das Interesse am Wald sieht man auch in seinen Waldbeständen. Insgesamt kommen 60 Baumarten vor, wobei die Rotbuche (30%), Tanne (17%), Eiche (13%), Waldkiefer (12%), Fichte (8%) und Lärche (7%) die Hauptbaumarten bilden. Er bemüht sich, kleinflächig alternative und fremdländische Baumarten in die Bewirtschaftung zu integrieren. Sein waldbauliches Ziel ist die Bewirtschaftung im Plenterwald.

Einblicke in zukunftsweisende Waldbewirtschaftung in Niederösterreich

Der Betrieb beeindruckte durch eine naturnahe, strukturreiche und auf Biodiversität ausgerichtete Bewirtschaftung und ist mit über 60 Baumarten, Eigenbewirtschaftung sowie einem klaren waldbaulichen Leitbild ein echtes Vorbild.

Die Waldflächen liegt im Wuchsgebiet 4.2 „Nördliche Randalpen“ auf einer Seehöhe von 350 bis 500 m in der geologischen Einheit der Flyschzone. Der mittlere Jahresniederschlag beträgt rund 680 mm, wobei sich zunehmend Trockenperioden mit Starkregenereignissen abwechseln – ein klares Zeichen des Klimawandels. Die natürliche Waldgesellschaft entspricht einem Fichten-Tannen-Buchen-Wald, ergänzt durch standorttypische Mischbaumarten wie Esche, Bergulme und Hainbuche. 

Die Bewirtschaftung erfolgt in Eigenregie mit Traktor und Seilwinde und wird durch eine gute Erschließung erleichtert. Ziel ist ein baumartenreicher Dauerwald mit Einzelstammnutzungen. Neben heimischen Baumarten werden gezielt seltene Baumarten wie Speierling oder Wildobst aber auch nichtheimische Baumarten wie etwa Douglasie, usw. eingebracht. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Förderung von Lichtbaumarten durch kleinflächige Nutzung und gezielte Pflanzungen.

Vielfalt

Bei einem Buchen-Kiefern-Lärchen-Bestand des Betriebs mit historischer Streunutzung zeigten sich die langfristigen Auswirkungen des Nährstoffentzugs auf das Wachstumspotenzial. Durch gezielte Vorlichtung wurde mittlerweile die Naturverjüngung – insbesondere lichtbedürftige Arten – gefördert.

Die Buche ist sehr konkurrenzstark, daher müssen Mischbaumarten wie Eiche aktiv gefördert werden. Die Brombeere auf kleineren Schlägen wird bewusst nicht generell entfernt, da sie als Äsung dient und Jungbäume in der Regel durchwachsen.

Entlang von Wegen wurden mit Unterstützung der Jagd seltene Baumarten gepflanzt. Auf flächige Zäunungen wird verzichtet, Einzelverbissschutz bei seltenen Baumarten ist ausreichend. Angesichts des vielfältigen Äsungsangebots im Wald wurde offen diskutiert, ob Wildfütterung überhaupt noch zeitgemäß und notwendig ist. Außerdem können Kontrollzäune und Weiserflächen wertvolle Informationen über die Naturverjüngung liefern.

Entwicklung nach Kahlschlag

Ein rund 50 Jahre alter Bestand, nach Kahlschlag mit Fichte, Kiefer und Lärche aufgeforstet, diente als Beispiel für Diversität: Auf die Kulturpflege wurde damals vergessen, dies führte dazu das Mischbaumarten nicht versehentlich um geschnitten wurden. Dadurch konnten sich zum Beispiel Eichen, Buchen und Edelkastanien etablieren – ein ökologischer Gewinn. Die mittlerweile ins Stangenholz wachsende Eichen wurden geastet und freigestellt um ihr Dickenwachstum zu fördern. 

Eine praxisnahe Diskussion drehte sich um den optimalen Zeitpunkt des Astens – Fazit: "Der beste Zeitpunkt ist, wenn man Zeit hat." Auch der Marktwert seltener oder aktuell wenig gefragter Baumarten wurde thematisiert – mit einer klaren Aussage für Baumartenvielfalt als langfristige wirtschaftliche Absicherung.

Totholz und Biotopbäume als Lebensraum

Ein zentrales Thema war die ökologische Bedeutung von Totholz und Spechtbäumen. Wo möglich wird vom Betriebsführer Totholz gezielt im Bestand belassen. Eine vor langer Zeit abgestorbene Buche diente lange Zeit als Spechtbaum. Mittlerweile beheimatet sie als liegendes Totholz zahlreiche Insekten-, Pilz- und Tierarten. Am Betrieb bleibt generell im Zuge von Holznutzungen sämtliches Astmaterial im Wald und dient als Nährstoffquelle. 

Eine Ganzbaumernte wird kritisch gesehen – Studien zufolge können dadurch bis zu 30?% Zuwachsverluste entstehen. Auch energetisch und wirtschaftlich ist die Nutzung von Astmaterial als Hackgut meist nicht sinnvoll. Die klare Betriebsdevise: Ein „aufgeräumter“ Wald ist kein ökologisch wertvoller Wald. Außerdem wird der Waldboden nicht flächig befahren.

Douglasie im Klimawandel

Ein rund 40-jähriger Douglasienbestand überzeugte durch seine sehr gute Zuwachsleistung (über 15 fm Zuwachs). Die Douglasien wurden teilweise geastet und nach einer Durchforstung im Jahr 2024 ist bereits Naturverjüngung (vor alle mit Douglasie) sichtbar. Gleichzeitig werden Laubbaumarten die sich damals bei der Bestandesbegründung selbst verjüngt haben, gezielt freigestellt und in die Bestandsstruktur integriert, um einen Mischwald aufzubauen.

Tannen-Buchennaturverjüngung unter Fichtereinbestand

Bei einem weiteren Exkursionspunkt wurde ein knapp 50-jähriger Fichtenbestand mit flächiger Naturverjüngung aus Tanne und Buche besichtigt, solche Bilder werden den Teilnehmer/innen wohl in Erinnerung bleiben, da solche leider in den Wäldern viel zu selten sind. Es zeigt sich, dass durch waldbauliches und jagdliches Engagement eine Naturverjüngung mit wertvollen Mischbaumarten aufkommt. Probleme wie Mistelbefall an Alttannen und Tannentrieblaus verdeutlichen, dass jede Baumart ihre forstschutztechnischen Herausforderungen mit sich bringt. Auch hier wurde die Bedeutung einer durchdachten Mischung betont.

Fazit: Praxis mit Haltung und Weitblick

Die Forstexkursion verdeutlichte eindrucksvoll, wie ein bewusster, biodiversitätsfördernder und gleichzeitig wirtschaftlich tragfähiger Waldbau aussehen kann. Der Betrieb Kuhrn zeigt, dass Naturnähe und Forstwirtschaft keine Gegensätze, sondern eine zukunftsfähige Einheit bilden. Die Teilnehmer/innen nahmen nicht nur wertvolle Impulse – sondern auch die Erkenntnis, dass engagierte Betriebsführung und ökologische Verantwortung Hand in Hand gehen. Ein großer Dank gilt dem Betriebsführer – nicht nur für die gelungene Exkursion, sondern vor allem für seinen engagierten Einsatz für den Wald/für das Ökosystem Wald.

Autor: Maximilian Kordasch (2025)

Veranstaltungsanmeldung

Veranstaltungsanmeldung

Daten