
Mit dem Klimawandel werden sich die Rahmenbedingungen der Waldbewirtschaftung gravierend ändern. Vor allem in tieferen Lagen wie dem Alpenvorland ist eine deutliche Änderung der Baumartenzusammensetzung prognostiziert. Am Beispiel des Forstbetriebes Redltal wurde die Problemstellung der erwartbaren Umbrüche skizziert. Der Wald ist in der Klimakrise aber auch wesentlicher Teil der Lösung. Einige Ansätze dazu und wie diese für die Waldbesitzer abgegolten werden können, wurden zur Diskussion gestellt.
Die Forstverwaltung Redltal liegt in der Hügelkette des Hausruck- und Kobernaußerwaldes im oberösterreichischen Alpenvorland. Tertiäre Quarzschotter bilden meist den Untergrund. Sie tragen saure, steinige, meist podsolige Braunerden bis Podsole, auf Unterhängen und Hangverflachungen gibt es häufig Quellhorizonte mit Hangwasseraustritte. Eine Holzbodenfläche von 1163 ha wird von einem Förster und 3 Forstarbeitern bewirtschaftet. Der Vorrat liegt aktuell bei 267 Vfm / ha und der gebohrte Zuwachs bei durchschnittlich 7,4 Vfm / ha. Der Betrieb befindet sich in der Umstellungsphase zum Dauerwald. In Lücken nach Kalamitäten werden ca. 3000 Pflanzen pro Jahr gepflanzt und so die Baumartenvielfalt erhöht. Der im Gebiet auftretenden Tannentrieblaus wird durch langsames Abdecken der Naturverjüngung erfolgreich begegnet.
RESYNAT-Beispielsfläche
Nach einer standörtlichen und forsthistorischen Einordnung durch Stephan Rechberger und Johann Hermandinger und Vorstellung des Betriebes durch Mitbesitzer Christian Limbeck-Lilienau und Förster Anton Weiglhuber besichtigten wir die ReSynatWald Referenzfläche Erkaburger Taferl vom BFW und Pro Silva Austria. Die Ziele des Projektes (erläutert von Georg Frank und Eckart Senitza) sind, die strukturelle und ökonomische Entwicklung der 18 Referenzflächen in Pro Silva Austria-Beispielsbetrieben zu erfassen. Dadurch werden waldbauliche, ökologische und ökonomische Faktoren gleichermaßen betrachtet, sodass neben den rein betriebswirtschaftlichen Aspekten auch die Frage beantwortet werden soll, wie viel der integrative Naturschutz im Wald leisten kann und was er kostet. Für den 6,83 ha großen Revierteil wurde eine Zielsetzung definiert und 2019 eine erste Erhebung durchgeführt. Erst nach der ausstehenden zweiten Erhebung werden sich ertragskundliche, ökologische und ökonomisch Aussagen und Vergleiche über die Entwicklung ableiten lassen.
Transformation braucht Information
Wie ein Operat das Management von Forstbetrieben in den langfristige, mittelfristige und kurzfristige Führungsaufgaben unterstützen kann und soll wurde von Christian Huber und Franz Reiterer anschaulich dargestellt. Die Klimaanpassung muss langfristig in enger Abstimmung mit den Betriebszielen erfolgen. Darauf sind die kurzfristigen Maßnahmen von Nutzung und Pflege auszurichten. Folglich sind zur forstbetrieblichen Erfolgssteuerung strategische, taktische und operative Information nötig.
KI für die Praxis
Grundlage ist eine Waldinventur, welche diese Informationen bereitstellt. Vor allem bei verfeinerten Waldbauverfahren ist die Information nach Stärkeklassen wichtig. Eine permanente Stichprobeninventur mit Informationen über Stammzahl, Grundfläche und Vorrat nach Baumart sichert im Forstbetrieb Redltal das langfristige waldbauliche Controlling. Dazu gibt es eine Kartierung der Waldbehandlungseinheiten. Diese Informationen wurden mit Fernerkundungsdaten abgeglichen. Die Möglichkeit der automatisierten Baumartenerkennung sowie das Kronenhöhenmodell aus Laserscan-Daten sind bei der Bestandeskartierung hilfreich. Die automatisierte Baumartenerkennung sowie die Massenrechnung aus Fernerkundungsdaten wird vom BFW (Institut für Waldinventur) mittels künstlicher Intelligenz generiert. Die automatisierte Massenrechnung ergab nach Abgleich anhand von Beispielsbeständen eine Differenz von rund 15 %. Der Grund für die Abweichung dürfte mitunter der Strukturreichtum der Wälder im Redltal sein.
Operat zur Klimaanpassung
Das Gesetz des Örtlichen ist ein zentraler Ansatz zur forstbetrieblichen Klimaanpassung. Im Forstbetrieb Redltal sind fluviatile Hausruckschotter eng mit limnisch-fluviatilen Kobernausserwaldschichten verzahnt. An der Kontaktzone treten oft Hangwässer zutage. Folglich gibt es innerbetrieblich 3 Standortsbetriebsklassen mit konkreten Waldbauzielen. Das Waldbaukonzept ist somit integraler Bestandteil der mittelfristigen Forstbetriebsplanung. Es erfolgte eine summarische Hiebsatzableitung in Anlehnung an das Hufnagl´sche Massenteilungsverfahren. Das Operat zur Klimaanpassung trägt somit dem geforderten adaptiven Waldmanagement Rechnung. Damit werden in dem lang-, mittel- und kurzfristigen Managementzyklus (Planung, Zielvereinbarung, Umsetzung, Kontrolle) gezielt Elemente der Risikominimierung integriert. Die Operatserstellung ist ein betrieblicher Prozess, ausgehend von den Betriebszielen und unter Einbindung aller Entscheidungsträger.
Systemversagen
Der Exkursionsnachmittag stand im Zeichen einer Diskussion über Abgeltung und Vermarktung der Waldleistungen. Hohe Schadholzquoten sind leider forstliche Realität. Sägerundholz hat in den letzten 50 Jahren real mehr als die Hälfte seines Wertes eingebüßt. Vielfach hat der Wald darunter gelitten. In der Klimakrise sollte der Wald Problemlöser sein. Lange Zeit hat das forstliche Konsensmodell gut funktioniert. Der Schutz vor Übernutzung des Waldes war vor 170 Jahren das zentrale forstgesetzliche Leitmotiv. Lange Zeit konnten forstgesetzliche Regelungen die Balance zwischen intakten Waldökosystemen, gesellschaftlichen Nutzungsansprüchen und auskömmlichen Erträgen sicherstellen. Mit zunehmender Globalisierung der Holzmärkte ist dieses System ins Wanken geraten. Holzerträge allein können ein harmonisches Zusammenwirken der Systeme (Ökosystem, Eigentümer, Gesellschaft) nicht mehr sicherstellen. Es offenbart sich ein forstliches Marktversagen. Neue Herausforderungen wie die Klimaanpassung können über die bisherigen forstlichen Märkte nicht finanziert werden. Neue Lösungsansätze sind gefragt, vor allem wenn es um die Abgeltung von Ökosystemleistungen geht.
Carbon-Credits
Die Wälder der EU absorbieren jährlich ein Äquivalent von 10 % aller Treibhausgasemissionen der EU. Der Ersatz fossiler Quellen durch nachwachsende Rohstoffe muss zentrales Ziel blieben. Die LULUCF-Verordnung reguliert allerdings die Anrechenbarkeit. Viele Betriebe sind mittlerweile in den CO2-Markt eingestiegen. Am Beispiel des Exkursionsbetriebes können wir die Frage der geforderten „Zusätzlichkeit“ anschaulich diskutieren: wären hier die Modelle „Vorratsaufbau“ und „Vorratserhalt“ möglich? Forstpolitisch wird auch ein Prämienmodell diskutiert.
Biodiversität
Die Biodiversität im Wald ist zu einer zentralen Frage im forstpolitischen Diskurs geworden. „Greenwashing“ und Ökopopulismus sind längst Teil des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kräftemessens zwischen Waldbewirtschaftern und Wildnis-Befürwortern geworden. Über die Biodiversität, deren Messbarkeit und Abgeltung wurde rege und kontroversiell diskutiert.
Klimaanpassung nach dem S-Kurvenkonzept
Die Schadensanfälligkeit vieler Wälder zeigt schon jetzt die Leistungsgrenzen des Systems auf: Kalamitäten nehmen zu, Erträge schwinden. Klimaanpassung erfordert ein adaptives Waldmanagement. Die Walderhaltung muss das zentrale Ziel sein. Es reicht nicht, an bestehenden Schrauben zu drehen. Das S-Kurvenkonzept ist ein Instrument des strategischen Innovationsmanagements. Wenn das bestehende System an die Leistungsgrenzen stößt, muss zeitgerecht ein neues System aufgesetzt werden. Im forstlichen Kontext ist ein systemischer Lösungsansatz mit gesellschaftlicher Abgeltung von Ökosystemleistungen unerlässlich. Am Beispiel des Vertragswasserschutzes wird ein konkreter Lösungsvorschlag präsentiert. Die Wälder im Redltal sind überdies ein Sinnbild für das S-Kurvenkonzept: bevor es zu flächigen Waldverlusten kommt, wird die neue Waldgeneration aufgebaut. Sie ist arten- und strukturreicher und somit auch leistungsfähiger.
Auf ein perfektes Zeitmanagement und angeregte Diskussionen dieser vielfältigen und anregenden Exkursion achtet Stefan Heuberger.
Nachbericht: DI Stephan Rechberger, 10.07.2024